Die Grundschule B ist eine Offene Ganztagsgrundschule in NRW. Insgesamt werden an der Schule ca. 290 Schülerinnen und Schüler in 14 Klassen und zwei Schulstandorten, die fußläufig voneinander entfernt sind, unterrichtet. Zum Kollegium gehören 17 Lehrerinnen und Lehrer, eine Sonderpädagogin, eine Lehramtsanwärterin und eine sozialpädagogische Fachkraft. Das Kollegium der Grundschule B hat seit dem Schuljahr 2005 / 06 intensiv an unterschiedlichen Themen der Schulentwicklung gearbeitet, innerhalb derer die individuelle Förderung der Schülerinnen und Schüler einen hohen Stellenwert einnimmt. Seit dem Frühjahr 2009 ist die Grundschule B Kooperationsschule im Projekt PIKAS.
An der Grundschule B haben sich die Lehrerinnen und Lehrer im Schuljahr 2008 / 09 dazu entschieden, sich im Rahmen der Unterrichtsentwicklung mit dem damals neuen Lehrplan für das Fach Mathematik auseinanderzusetzen und diesen an der Schule zu implementieren.
Die Zielsetzungen für die folgende Zeit waren
Die im Kapitel 3 des Lehrplans NRW formulierten inhaltlichen und prozessbezogenen Kompetenzerwartungen machten ein Umdenken erforderlich, da sie die bisherigen verbindlichen Anforderungen am Ende der Schuleingangsphase und am Ende der Klasse 4 ablösten.
Das eigenständige, individuelle Lernen der Kinder als Ziel des kompetenzorientierten Unterrichts sollte auch bei der Gestaltung des Mathematikunterrichts an der Grundschule B berücksichtigt werden. Zuerst nahm sich das Kollegium vor, den Fokus der Unterrichtsentwicklung auf die Förderung der prozessbezogenen Kompetenzen zu legen.
In einem ersten Schritt lernte das Kollegium im September 2009 im Rahmen einer schulinternen Fortbildung mit einer externen Moderatorin der Lehrerfortbildung „gute Lernaufgaben“ für den Bereich „Zahlen und Operationen“ kennen, solche Aufgaben also, die zum Forschen und Entdecken herausfordern und besonders geeignet sind, die prozessbezogenen Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler zu fördern.
In der eigenen intensiven Auseinandersetzung mit den Aufgaben konnten die Lehrerinnen und Lehrer feststellen, welche prozessbezogenen Kompetenzen im Vordergrund der jeweiligen Aufgaben standen. Dazu füllten sie einen Bewertungsbogen aus.
Die von der Moderatorin vorgestellten Aufgaben und Hinweise zur Umsetzung im Unterricht (Entdeckerpäckchen, Umkehrzahlen, Forscherhefte) wurden im Anschluss an die Fortbildung in den einzelnen Jahrgängen im Unterricht erprobt und verbindlich im schulinternen Arbeitsplan aufgenommen.
Von Beginn des Entwicklungsschwerpunktes an übernahm eine Lehrerin aus dem Kollegium die Aufgabe der Expertin für gute Lernaufgaben. Sie kooperierte mit einer externen Moderatorin des Projektes PIKAS, erprobte regelmäßig in ihrem eigenen Unterricht neue Unterrichtseinheiten und Materialien, veränderte diese bei Bedarf und stellte sie dem Gesamtkollegium vor.
Bei der kontinuierlich fortgesetzten Erprobung weiterer Unterrichtsmaterialien in allen Klassen trat das Mathematikbuch in den Hintergrund. Das Kollegium war sich darin einig, dass viele Inhalte des Lehrwerkes durch eine intensive Auseinandersetzung mit den verschiedenen Aufgaben auf unterschiedlichen Anforderungs- und Differenzierungsniveaus abgedeckt und exemplarisch geübt werden.
Hierzu erwies es sich als hilfreich, die Eltern in einem Elternbrief über den Lehrplan Mathematik und die aktuellen Schritte der fachbezogenen Unterrichtsentwicklung an der Grundschule B zu informieren. Dieser wurde im Juni 2009 an alle Eltern verschickt.
Der gezielte Blick auf die Entwicklung prozessbezogener Kompetenzen führte zur Überlegung, inwieweit Prozessorientierung auch in einem Konzept zur Leistungsfeststellung verankert werden kann. Dazu verschaffte sich das Kollegium in einer schulinternen Lehrerfortbildung im November 2010 zunächst einen Überblick über praktikable Instrumente zur kontinuierlichen Leistungsbeobachtung und -feststellung. In der sich anschließenden Lehrerkonferenz arbeiteten die Jahrgangsteams an möglichen Aufgaben und organisatorischen Fragen (Bilder) zur Arbeit mit dem „Mathebriefkasten“. Im darauf folgenden Schulhalbjahr wurde der „Mathebriefkasten“ in allen Klassen der Schule erprobt. Hierbei erwies es sich als hilfreich, regelmäßig neue Aufgaben im Jahrgangsteam bzw. mit den Mathematikunterricht erteilenden Fachlehrern zu entwickeln und zu archivieren. Zur Auswertung der bearbeiteten Aufgaben des Mathebriefkastens kam ein bereits für den Mathematikunterricht entwickelter und benutzter Beobachtungsbogen zum Einsatz.
Mit der fachbezogenen Unterrichtsentwicklung und der Beurteilung von Unterrichtsmaterialien und Lernaufgaben für den Mathematikunterricht stellte sich die Frage nach allgemein gültigen Kriterien für guten Unterricht. Seit Februar 2011 wird die Schulleitung in der Schulentwicklung noch enger begleitet. Zeitlich und inhaltlich bestand zu diesem Zeitpunkt ein enger Zusammenhang mit der Durchführung von SEIS („Selbstevaluation in Schulen“) an Grundschule B.
In einem pädagogischen Workshop zum Thema „Was ist guter Unterricht?“ traf das Kollegium unter Leitung eines externen Referenten erste Vereinbarungen zur Entwicklung eines gemeinsamen Leitbilds zu „Merkmalen guten Unterrichts“, das in den darauf folgenden Konferenzen fortgeschrieben, von der schulischen Steuergruppe in eine Endfassung gebracht und vom Gesamtkollegium per Beschluss verabschiedet wurde (s. Leitbild „Guter Unterricht“).
Über kollegiale Hospitationstandems sollte in den folgenden Monaten eine Möglichkeit geschaffen werden, sich mit Blick auf die Merkmale guten Unterrichts regelmäßig im Unterricht zu besuchen. Hierfür erarbeitete die Steuergruppe einen Beobachtungsbogen „Kollegiale Hospitation“, der den einzelnen Leitsätzen beobachtbare Indikatoren zuordnete.
All diese Vereinbarungen machten es erforderlich, sich regelmäßig im Kollegium zu treffen und die Arbeit zu reflektieren. Ergebnisse müssen evaluiert und Konsequenzen für die Weiterarbeit müssen gezogen werden, um den Unterrichts- und Schulentwicklungsprozess kontinuierlich und nachhaltig weiter zu entwickeln.
Mit dem Schuljahresbeginn 2011/12 wurde eine wöchentliche Kooperationszeit des Kollegiums eingeführt, die fest im Stundenplan aller Kollegen verankert ist, und in der die bisher stattfindenden Dienstbesprechungen und Konferenzen aufgehen. Argumente für die wöchentliche Kooperationszeit waren
Zur wöchentlichen Kooperationszeit im Anschluss an die 5. Stunde, zeitlich auf 1,5 Stunden begrenzt, wird zwei Tage vorher per Aushang eingeladen. Soll die Kooperationszeit als Konferenz stattfinden, erfolgt die Einladung fristgemäß eine Woche vorher.
Die inhaltliche Planung der Kooperationszeiten des ersten Schulhalbjahres 2011/12 legte den Fokus auf die Überarbeitung von Konzepten in den Fächern Deutsch/Lesen, Mathematik/PIK AS, Englisch und Sport. Es wurden Arbeitsgruppen nach Interesse oder Fachbezug gebildet, deren Auftrag die Überarbeitung der Fachkonzepte war. Dazu gehörten aktuelle fachdidaktische Aussagen zum Fach, der schuleigene Arbeitsplan, diagnostische Verfahren, Maßnahmen der individuellen Förderung, Grundsätze zur Leistungsbewertung und -beobachtung, Beschreibung möglicher Kooperationen mit außerschulischen Partnern sowie die Planung einer kollegialen Hospitation zur Umsetzung des Leitbildes „Guter Unterricht“ in den oben genannten Fächern.
In der Arbeitsgruppe Mathematik / PIKAS wurde zuerst damit begonnen, eine kollegiale Hospitation zu planen. Dazu einigte sich die Gruppe zunächst auf einen Leitsatz des Leitbildes „Guter Unterricht“, dessen Möglichkeiten der Umsetzung in einer gemeinsam geplanten Stunde in den Blick genommen werden sollte. Die Arbeitsgruppe plante in den folgenden Sitzungen den Unterricht und stellte Unterrichtsmaterialien zusammen. Es sollte in der Hospitation darauf geblickt werden, inwiefern sich die Materialien aus dem Projekt PIKAS für die Umsetzung des Leitbildes nutzen ließen. In der Arbeitsgruppe erfolgte auch eine Auseinandersetzung mit Literatur zum Thema „Kollegiale Hospitation“.
Zeitgleich erfolgte die Anfrage einer Grundschule, einen pädagogischen Tag mit Hospitation im Mathematikunterricht an der Grundschule B durchführen zu können, um sich vor Ort hinsichtlich des Einsatzes von PIKAS-Unterrichtsmaterialien fortzubilden.
Im Januar 2012 hospitierte das Kollegium der anfragenden Grundschule im Mathematikunterricht der Klassen 1, 2 und 3, wobei der Unterricht im dritten Schuljahr gleichzeitig als Termin der kollegialen Hospitation genutzt wurde.
Die Reflexion der Hospitationsstunde in der Gruppe zeigte, dass die in der Unterrichtsstunde eingesetzten Materialien zum Thema Zahlenmauern dazu geeignet waren, Differenzierung im Unterricht zu gewährleisten und somit Schülerinnen und Schülern auf unterschiedlichen Leistungsniveaus Lernerfolge zu ermöglichen.
Zum Hintergrund kollegialer Hospitationen siehe hier.
Auf Wunsch des Lehrerkollegiums wurde im Februar 2012 an der Grundschule B ein pädagogischer Tag zum Thema „Elterngespräche führen“ mit einem externen Moderator durchgeführt. In den sich anschließenden Wochen wurden Gesprächstechniken erprobt. Jeweils zu Beginn der Kooperationszeit wurde Zeit für kollegiale Beratung eingeräumt. Hiervon wird auch aktuell noch häufig Gebrauch gemacht.
In einer Lehrerkonferenz im April 2012 wurde das Instrument „Mathebriefkasten“ durch das Lehrerkollegium evaluiert und der Beschluss gefasst, diesen Baustein zukünftig im Leistungskonzept der Schule nicht weiter zu verfolgen. Hauptargument der Kolleginnen und Kollegen war es, dass durch den regelmäßig geführten Beobachtungsbogen und die individuellen mündlichen und schriftlichen Rückmeldungen an die Schülerinnen und Schüler eine kontinuierliche und lernförderliche Rückmeldung über die individuelle Lernentwicklung gewährleistet sei. Daraus erwuchs der Beschluss, den bisher eingesetzten Beobachtungsbogen zur Erfassung der inhalts- und prozessbezogenen Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler (siehe oben) kontinuierlich weiter zu führen und diesen als Grundlage für die individuellen Rückmeldungen zu den Lernfortschritten und für Maßnahmen zur Förderung zu nutzen. Er ist damit als Baustein im Leistungskonzept der Schule festgelegt.
Im zweiten Schulhalbjahr 2011/12 wurde der Fokus der wöchentlichen Kooperationszeit auf die Erarbeitung von Grundsätzen zur Leistungsbewertung im Fach Deutsch, hier nach Beschluss des Kollegiums zunächst im Bereich Schreiben, gelegt.
In Jahrgangsteams wurden Unterrichtseinheiten und -materialien (Textplanung, Reflexionsbögen, Rückmeldebögen u.a.) zu den im Lehrplan Deutsch festgelegten Teilbereichen des Schreibens zusammengetragen und entwickelt. Die Arbeitsgruppen stellten Kriterien zur Bewertung der Schülertexte sowie der vorangegangenen Planungsphase und der sich anschließenden Überarbeitungs- und Präsentationsphase auf.
In Lehrerkonferenz am 26.09.2012 wurden die Ergebnisse der Arbeitsgruppen im Gesamtkollegium vorgestellt und durch einen Beschluss im schuleigenen Leistungskonzept verankert. Das Kollegium hat damit exemplarisch einen Baustein des Faches Deutsch erarbeitet und eine Vorgehensweise kennen gelernt, die für den weiteren Verlauf der Arbeit hilfreich sein wird.
Der gemeinsame Rückblick des Kollegiums auf das Schuljahr 2011/12 zeigte, dass sich die Kolleginnen und Kollegen für die wöchentliche Kooperationszeit im Schuljahr 2012/13 wünschten, diese Arbeitszeit stärker für die gemeinsame Unterrichtsplanung und -vorbereitung nutzen zu können als bisher. Es wurde daher vereinbart, dass die zukünftigen wöchentlichen Kooperationszeiten immer einen gemeinsamen Einstieg des Kollegiums beinhalten, dann aber schnell in die Arbeit in den Jahrgangsteams übergegangen werden kann. Jedes Jahrgangsteam plant im Schuljahr 2012/13 eine kollegiale Hospitation.
Die für das Schuljahr 2012/13 von der Steuergruppe vorgeschlagenen und durch das Kollegium beschlossenen Schulentwicklungsschritte beziehen sich weiterhin auf die Erarbeitung des schuleigenen Leistungskonzeptes.
Die vier Jahrgangsteams entwickeln in engem Zusammenhang mit der Unterrichtsplanung des Teams Bewertungsgrundsätze für die einzelnen Fächer und deren Teilbereiche. Diese sollen abschließend in einem Gesamtkonzept verankert werden. Eine erste Auswertung der Ergebnisse ist für eine Konferenz Mitte 2013 geplant.
Für das Fach Mathematik sollen die vorhandenen Lernzielkontrollen hinsichtlich der Aspekte „Differenzierung“, „geeignete Aufgaben“, „Analyse der Aufgaben und Umgang mit Schülerlösungen“ sowie „Bewertung der prozessbezogenen Kompetenzen“ in den Blick genommen und weiterentwickelt werden. Neben der kontinuierlichen Beobachtung der Lernfortschritte in den Beobachtungsbögen wird damit als zweiter Aspekt des Leistungskonzepts ein Instrument der punktuellen Leistungsfeststellung in den Fokus genommen. Dabei wird sich die Arbeitsgruppe durch eine externe Moderatorin der Lehrerfortbildung beraten lassen.
Weitere kollegiale Hospitationen werden von den Jahrgangsteams im Laufe des Schuljahres geplant und durchgeführt.
1 In NRW ist hierfür der Begriff "schulinterner Arbeitsplan" eingeführt worden.