Hospitation und Feedback – Eine Voraussetzung für die erfolgreiche Weiterentwicklung des Unterrichts
Der zum Schuljahr 2008/2009 neu eingeführte Mathematiklehrplan für die Grundschule fordert Lehrkräfte heraus, den eigenen Unterricht weiter zu entwickeln. Es ist bekannt, dass die gemeinsame Arbeit von Lehrkräften den Austausch über das Lernen der Kinder und ihr eigenes Handeln fördert. Als eine naheliegende und sehr wirksame Form der unterrichtsbezogenen Qualitätsentwicklung wird die kollegiale Unterrichtshospitation mit anschließendem Feedback gesehen. Dabei geht es nicht nur darum, den Unterricht gemeinsam zu reflektieren, sondern auch darum, voneinander zu lernen. Voneinander lernen nimmt dabei eine Schlüsselfunktion ein. Denn nur wer gewillt ist, das Feedback seines Umfeldes für die eigene Weiterentwicklung zu nutzen, kann langfristig erfolgreich sein. Eine Möglichkeit ist, sich gegenseitig im Unterricht zu besuchen. Kollegiale Hospitationen können der Reflexion des eigenen Lehrerhandelns dienen sowie in Form von kollegialen Unterrichtsreflexionen stattfinden, d.h. der Unterricht steht im Vordergrund und wird reflektiert. Auf dieser Seite steht die gemeinsame Unterrichtsreflexion im Vordergrund, d.h. es wird Ihnen in erster Linie die Form der Kollegialen Hospitation nahegebracht, die den Unterricht erforscht und reflektiert und nicht vordergründig die Beobachtung und Beurteilung einer Lehrkraft. Aber: Der Unterricht ist nicht von der Lehrperson zu trennen. Eine Unterrichtsreflexion wird immer auch eine Feedback über das Handeln der Lehrkraft im Unterricht beinhalten. Aus diesem Grund finden Sie abschließend zahlreiche Informationen zum Feedbackgeben und -nehmen. Gegenseitige Unterrichtsbesuche der Lehrkräfte passieren im Schulalltag jedoch selten und werden oft abgelehnt. Dies gibt Anlass dafür, die Organisation der kollegialen Hospitation genauer zu beleuchten.
Im Folgenden werden einige Texte und Vorlagen bereitgestellt, die Sie als Schulleitung sowie als Lehrkraft motivieren und dabei unterstützen können, kollegiale Unterrichtshospitation mit anschließendem Feedback an Ihrer Schule aufzubauen. Im weiteren Verlauf wird erläutert, welche Aufgabe die Schulleitung bei der Organisation dieser Verfahren übernimmt. Klicken Sie auf den gewünschten Bereich, um weiterführende Informationen zu erhalten.
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Kollegiale Hospitation
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Feedback
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Kollegiale Hospitation organisieren
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Literaturquellen
Was bedeutet eigentlich Kollegiale Hospitation?
Die kollegiale Unterrichtshospitation mit anschließendem Feedback ist eine sehr wirksame Methode, den eigenen Unterricht zu reflektieren und zur Professionalisierung der Lehrkräfte beizutragen. Zunächst soll der Frage nachgegangen werden, weshalb kollegiale Unterrichtsbesuche mit anschließendem Feedback eine vielversprechende Methode zur Qualitätsverbesserung des Unterrichts darstellen. Kollegiale Unterrichtshospitationen bringen folgende Vorteile (Kempfert & Ludwig, 2010):
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Der Unterricht wird gemeinsam untersucht, erforscht, reflektiert und verbessert
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Die Beobachtungsschwerpunkte werden von den Lehrkräften ausgehandelt, sie orientieren sich an pädagogischen Werten.
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Ein Austausch zwischen Lehrkräften kommt in Gang, der nicht nur die Qualität ihrer Arbeit verbessern, sondern auch die kollegiale Beziehung vertiefen und den Teamgedanken fördern kann.
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Beobachtungen sind Grundlage des kollegialen Gesprächs: Es wird nicht nur über Unterricht geredet - wie in der Supervision - sondern das Gespräch orientiert sich an Beobachtungsdaten.
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Die Lehrperson kann ihre Eigenperspektive mit einer Fremdperspektive vergleichen und bekommt die Chance, blinde Flecken in ihrer Arbeit zu entdecken.
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Neuerungen werden im Unterricht umgesetzt, systematisch erprobt und reflektiert
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Lehrpersonen entwickeln ihre eigene Professionalität wie auch ihre eigene Didaktik weiter.
Wie ist der Ablauf einer kollegialen Unterrichtsreflexion? (vgl. Buhren, 2011a,b)
Die Unterrichtshospitation verläuft in vier Schritten:
1. Partner finden
Zunächst müssen sich Lehrkräfte zu einem Hospitationsteam zusammenfinden. Entscheidend dabei ist vor allem das gegenseitige Vertrauen und Offenheit. Somit ist es nicht zwingend erforderlich, dass die Hospitationspartner das gleiche Fach unterrichten. Zu beachten ist jedoch, dass fachdidaktische Beobachtungsschwerpunkte, z. B. im Fach Mathematik, nur mit den jeweiligen fachdidaktischen Kenntnissen diskutiert werden können. Allgemeindidaktische Beobachtungsschwerpunkte können hingegen in allen Fächern gleichermaßen eingesetzt und ohne fachdidaktische Kenntnisse ausgewertet werden. So kann es sinnvoll sein, bereits vorhandene Kooperationsstrukturen einer Schule zu nutzen, z.B. Jahrgangsteams, Klassenteams, Fachgruppen oder Professionelle Lerngemeinschaften.
2. Gemeinsame Vorbereitung von Unterricht und Hospitation
Unterricht und Hospitation sollten sorgfältig vorbereitet und abgesprochen werden. Konkret heißt das:
2.1 Organisatorische Absprachen für die Hospitation treffen
Das Hospitationsteam legt einen Termin und Ort für die Hospitation und Nachbesprechung fest. Auch Ziele und Regeln können in der Vorbesprechung abgesprochen werden.
2.2 Unterrichtsreihe und -einheit planen
In einem nächsten Schritt plant das Hospitationsteam gemeinsam eine Unterrichtsreihe und die Unterrichtseinheit, im Rahmen derer hospitiert wird. Der Fokus kann dabei beispielsweise auf der Erprobung neuen Materials liegen.
2.3 Schwerpunkte und Indikatoren für Hospitation festlegen
Dies ist der zentrale Teil der Vorbereitung. Das Hospitationsteam formuliert gemeinsam Beobachtungsschwerpunkte, d.h. worauf beim Unterrichtsbesuch geachtet werden soll. Die Beobachtungsschwerpunkte können mithilfe der folgenden zielorientierten Fragen formuliert werden:
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Welches Ziel wird verfolgt?
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Was soll beobachtet werden?
Zu diesen Schwerpunkten werden Indikatoren formuliert, d.h. Kriterien, die diese Ziele ausmachen. Folgende Fragestellungen können dabei hilfreich sein:
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Welche Indikatoren sind für die Ziele bedeutsam?
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Woran kann man erkennen, dass das Ziel erreicht wurde?
Tipp: Beschreiben Sie Indikatoren in Begriffen des Verhaltens!
Beispiel:
Im Folgenden sind einige Beobachtungsschwerpunkte aufgelistet, die Sie für eine Unterrichtshospitation wählen können.
Mögliche allgemeindidaktische Beobachtungsschwerpunkte (die "zehn Merkmale guten Unterrichts" nach Meyer, 2004, S. 17-18):
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Klare Strukturierung des Unterrichts (Prozess-, Ziel- und Inhaltsklarheit; Rollenklarheit, Absprache von Regeln, Ritualen und Freiräumen)
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Hoher Anteil echter Lernzeit (durch gutes Zeitmanagement, Pünktlichkeit; Auslagerung von Organisationskram; Rhythmisierung des Tagesablaufs)
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Lernförderliches Klima (durch gegenseitigen Respekt, verlässlich eingehaltene Regeln, Verantwortungsübernahme, Gerechtigkeit und Fürsorge)
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Inhaltliche Klarheit (durch Verständlichkeit der Aufgabenstellung, Plausibilität des thematischen Gangs, Klarheit und Verbindlichkeit der Ergebnissicherung)
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Sinnstiftendes Kommunizieren (durch Planungsbeteiligung, Gesprächskultur, Lerntagebücher und Schülerfeedback)
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Methodenvielfalt (Reichtum an Inszenierungstechniken; Vielfalt der Handlungsmuster; Variabilität der Verlaufsformen und Ausbalancierung der methodischen Großformen)
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Individuelles Fördern (durch Freiräume, Geduld und Zeit; durch innere Differenzierung und Integration; durch individuelle Lernstandsanalysen und abgestimmte Förderpläne; besondere Förderung von Schülern aus Risikogruppen)
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Intelligentes Üben (durch Bewusstmachen von Lernstrategien, passgenaue Übungsaufträge, gezielte Hilfestellungen und angemessene Rahmenbedingungen)
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Transparente Leistungserwartungen (durch ein an den Richtlinien oder Bildungsstandards orientiertes, dem Leistungsvermögen der Schülerinnen und Schüler entsprechendes Lernangebot und zügige förderorientierte Rückmeldungen zum Lernfortschritt)
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Vorbereitete Umgebung (gute Ordnung, funktionale Einrichtung und brauchbares Lernwerkzeug)
Mögliche mathematikdidaktische Beobachtungsschwerpunkte finden Sie im Modul 8.1 auf der PIK-Seite.
Beobachtungsschwerpunkte finden und -indikatoren festlegen ist das Fundament jeder kollegialen Hospitation. Für das Dokumentieren der oben beschriebenen Schritte bietet sich der rechtsstehende Vorbereitungsbogen „Vorbereitung der Hospitation“ an.
Mithilfe eines Hospitationsprotokolls (ein Hospitationsprotokoll finden Sie rechts) werden die Indikatoren sowie die Beobachtungen und dazugehörige Kommentare festgehalten. Die Mitschrift dient dem Hospitationsteam als Grundlage für das reflektierende Nachgespräch.
Vorbereitung der HospitationVorbereitung der HospitationHospitationsprotokollHospitationsprotokoll
3. Durchführung der kollegialen Hospitation
Beobachten heißt, zwischen Beobachtung und Interpretation bzw. Bewertung zu unterscheiden, d.h. während der Hospitation wird lediglich beschrieben und protokolliert, was geschieht. Aber: Sie können durchaus gesondert (z.B. im Kommentar) dokumentieren, was diese Handlungen bei Ihnen auslösen und welche Ideen Ihnen kommen.
Tipp: Halten Sie Ihre Beobachtungen fest und legen Sie diese in der Nachbesprechung vor. Darauf gestützt können verschiedene Beobachtungen nebeneinandergestellt und gegeneinander abgewogen werden. Dazu bietet sich das Hospitationsprotokoll an.
Grundsätzlich gilt, dass nur das beobachtet und protokolliert wird, was auch gemeinsam als Beobachtungsschwerpunkt vereinbart wurde.
Für die Hospitationsstunde ist in der Regel eine Unterrichtseinheit angesetzt. Es sollte auf keinen Fall nur ein Teil der Stunde hospitiert werden, wie dies bei Schulinspektionen der Fall ist.
Nach der Unterrichtsbeobachtung sollte das Hospitationsteam ca. eine halbe Stunde Zeit haben, bevor die gemeinsame Reflexion erfolgt. Die besuchte Lehrkraft sollte in dieser Zeit eine Selbsteinschätzung der Unterrichtsstunde vornehmen, die auf den Beobachtungsschwerpunkten und -indikatoren basiert. Die beobachtende Lehrkraft sollte ihre Notizen und Aufzeichnungen sortieren und die möglicherweise auffälligen Aspekte herausschreiben, die ihr hinsichtlich der Beobachtungsschwerpunkte aufgefallen sind.
So entwickelt sich eine wertvolle Diskussion und ein Austausch zwischen gleichberechtigten Partnern, aus dem beide als Lernende hervorgehen!
4. Feedback, gemeinsame Reflexion und Planung der Weiterarbeit
Es gibt kein Standardverfahren für die Auswertung einer Hospitation. Es ist jedoch sinnvoll, die Nachbesprechung mit einem kurzen Feedback an die besuchte Lehrkraft zu beginnen. Ziel des Feedbacks ist es, der hospitierten Lehrkraft eine bewusstere Wahrnehmung und Einschätzung ihres eigenen Lehrkrafthandelns zu ermöglichen. Das Feedback-Gespräch wird im weiteren Verlauf ausführlich erläutert (siehe Feedback). Anschließend folgt die gemeinsame Reflexion. Das Hospitationsteam reflektiert die Umsetzung der gemeinsamen Planung von Unterricht und Hospitation.
Die Auswertung der Hospitation erfolgt in erster Linie auf Grundlage der Notizen und Mitschriften des Hospitationsteams. Claus Buhren (2011) und Guy Kempfert et al. (2010) stellen hierfür einige nützliche Tipps vor:
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Nach dem Unterrichtsbesuch sollte man entweder das Hospitationsprotokoll kopieren und der beobachteten Lehrkraft aushändigen oder zu Hause überarbeiten und es vervollständigen
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Die beobachtete Lehrkraft sollte das Protokoll vor der Nachbesprechung erhalten, um die Daten in Ruhe zu analysieren und sich auf die Besprechung vorzubereiten
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Das Hospitationsprotokoll bildet die erforderliche Basis für ein lernförderliches Gespräch
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Die hospitierte Lehrkraft sollte das Gespräch eröffnen und zunächst ihren eigenen Eindruck von der Unterrichtsstunde bezogen auf den Beobachtungsschwerpunkt vermitteln
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Erst dann schildert die beobachtende Lehrkraft, wie die beobachteten Ereignisse auf sie gewirkt haben
Am Ende eines Auswertungsgesprächs sollte vom Hospitationsteam ein Fazit und konkrete Vorhaben für die Zukunft formuliert werden. Das Vorhaben sollte realistisch und in einer absehbaren Zeit erfüllbar sein. Es könnten beispielsweise dieselben Indikatoren noch einmal für eine weitere Hospitation eingesetzt werden.
Die Erkenntnisse der besuchten Unterrichtsstunde und das daraus resultierende Vorhaben sollten schriftlich reflektiert und festgehalten werden. Dazu können Sie das rechtsstehende Formular „Nachbereitung der Hospitation“ nutzen.
Nachbereitung der HospitationNachbereitung der Hospitation
Wie gebe ich Feedback?
In der Phase der Nachbesprechung und Auswertung erhält die beobachtete Lehrkraft vom Hospitierenden eine Rückmeldung zur Umsetzung der gemeinsam geplanten Unterrichtsstunde. Nun soll es um die Form der Rückmeldung gehen: das Feedback. Wie sollte ein Feedback im Rahmen einer kollegialen Unterrichtshospitation vermittelt werden, damit es ein individuell lernförderndes Feedback wird?
Der Begriff Feedback dürfte den meisten Personen ein Begriff sein. Ein Feedback wird als Rückmeldung über Wahrnehmungen und Empfindungen an eine Person nach gewissen Regeln, sogenannten Feedbackregeln, verstanden. Ein gutes Feedback ist lernfördernd, d.h. es unterstützt das individuelle Lernen bei der feedbackempfangenden Person.
Jörg Fengler (1998) hat in Anlehnung an Antons (1998) Merkmale für ein erfolgreiches Feedback zusammengestellt:
Ein erfolgreiches Feedback ist
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eher beschreibend als bewertend und interpretierend,
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eher konkret als allgemein,
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eher einladend als zurechtweisend,
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eher verhaltensbezogen als charakterbezogen,
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eher erbeten als aufgezwungen,
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eher sofort und situativ als verzögert und rekonstruierend,
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eher klar und pointiert als verschwommen und vage,
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eher durch Dritte überprüfbar als auf dyadische Situationen beschränkt.
Claus Buhren (2011b) nennt in seinem Buch „Kollegiale Hospitation. Verfahren, Methoden und Beispiele aus der Praxis.“ weitere Merksätze für das kollegiale Feedback nach Felix Emminger. Die „Merksätze zum Feedback“ finden Sie hier.
Kollegiale Unterrichtsbesuche mit anschließendem Feedback sind ein Geben und Nehmen. Neben der feedbackgebenden Lehrkraft sollte sich auch die feedbackempfangende Lehrkraft an gewisse Regeln halten, wie z.B. die folgenden nach Fitzner und Thomas (2006):
Als Empfänger von Rückmeldungen achte ich auf Folgendes:
Ich ...
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nutze den anderen Blickwinkel als Chance.
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höre zunächst "nur" zu, frage nach und erkläre Unverstandenes.
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verteidige mich nicht ("kontere" nicht).
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bin ehrlich.
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gehe in die Metakommunikation, wenn ich die Art den Rückmeldens schwer aushalte.
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darf selbst entscheiden, ob und was ich verändern will.
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arbeite an einer Zielfindung und Lösung mit.
(Quelle: Fitzner & Thomas, 2006, S. 21)
Was muss ich beim Verlauf eines Feedbackgesprächs beachten?
Für den Verlauf eines individuell fördernden Feedbackgesprächs gibt es keine festgelegten Phasen. Buhren (2011b) unterteilt vier Phasen, die in sich relativ abgeschlossen sind und oben bereits kurz skizziert wurden.
1. Aufwärmphase
In den ersten Minuten des Gesprächs gibt die beobachtete Lehrkraft ihren allgemeinen Eindruck von der Unterrichtsstunde wieder – unter Berücksichtigung der festgelegten Beobachtungsschwerpunkte. Sie kann auf Besonderheiten hinweisen, die während der Stunde eingetreten sind oder die zur Abweichung der eigentlichen Planung geführt haben. Auch die beobachtende Lehrkraft hat in dieser Phase die Gelegenheit, Nachfragen zu stellen, wenn es Unklarheiten gibt.
2. Reflexionsphase
In dieser Phase geht es um die Auswertung der Beobachtungsschwerpunkte und -indikatoren in der Selbstwahrnehmung des Feedbacknehmers und in der Fremdwahrnehmung des Feedbackgebers. Hier sollten die Merkmale für ein erfolgreiches Feedback beachtet werden. Die Ausgewogenheit im bestärkenden und kritisch-konstruktiven Feedback ist hier der Schlüssel zum Erfolg. So gibt der Feedbackgeber seine Einschätzung hinsichtlich der Indikatoren grundsätzlich anhand seiner Notizen wieder. Er bezieht sich dabei immer konkret auf beobachtete Situationen und Beispiele aus der besuchten Unterrichtsstunde. Er fragt nach, ob die beobachtete Lehrkraft die gleiche Wahrnehmung hatte, stellt möglicherweise Unterschiede in der Wahrnehmung fest, die er begründen muss und hebt Gemeinsamkeiten und Übereinstimmungen hervor. Die beobachtete Lehrkraft, der Feedbacknehmer, nimmt die Wahrnehmungen und Beobachtungen der beobachtenden Lehrkraft auf, kommentiert sie und wägt sie aufgrund ihrer eigenen Erlebnisse ab. Sie kann Vermutungen und Interpretationen darüber anstellen, welche Gründe dafür vorliegen könnten, wenn Beobachtungen und Wahrnehmungen sich unterscheiden. Das „Voneinander Lernen“ sollte in dieser Phase im Vordergrund stehen.
3. Zielvereinbarungsphase
In dieser Phase wird eine exakt formulierte Zielvereinbarung, am günstigsten in schriftlicher Form, festgehalten. Bereits in der Reflexionsphase dürften dafür einige Punkte angesprochen worden sein. Die Zielvereinbarung sollte sich auf konkrete Handlungen und Verhaltensweisen beziehen, die in direkter Verbindung zu den Beobachtungsindikatoren stehen. Dabei sollten es nicht mehr als drei oder vier Zielvereinbarungen sein, die innerhalb eines realistischen Zeitraums erfüllbar sind. Es sollte verabredet werden, wie die Umsetzung der Zielvereinbarung erfolgen soll: Der Feedbacknehmer kann sie als Selbstreflexion und zur eigenständigen Weiterarbeit nutzen oder/und eine Folgehospitation vereinbaren. Im Falle der Selbstreflexion kann die beobachtete Lehrkraft nach einem angemessenen Zeitraum einen kurzen Bericht an den Feedbackgeber geben. Für die Folgehospitation sollte ein Termin angegeben werden, der ca. sechs bis acht Wochen von der ersten Hospitation entfernt liegt.
4. Abschlussphase
Der Feedbacknehmer reflektiert noch einmal kurz das Auswertungsgespräch und gibt der beobachtenden Lehrkraft eine kurze Rückmeldung über den Verlauf des Gesprächs. Gewonnene Erkenntnisse, Gefühle und Stimmungen können hier geäußert werden. Die Rolle des Feedbackgebers sollte zudem erläutert werden, denn auch für ihn ist diese Rolle im Auswertungsgespräch eine ungewohnte Situation, in der er sich erst einmal zurechtfinden muss.
Wie organisiere ich eine Kollegiale Hospitation? (vgl. Buhren, 2011b)
Die Initiierung kollegialer Hospitation kann unterschiedlich ausfallen und muss nicht unbedingt durch die Schulleitung erfolgen. Der Impuls kann auch vom Kollegium kommen, z.B. ausgehend von dem Wunsch, den eigenen Unterricht zu optimieren. In der Schulpraxis beginnen oftmals kleine Gruppen mit der kollegialen Hospitation. Dies erweist sich als sehr sinnvoll, da 2er oder 3er-Teams in einer Schule recht leicht zu organisieren sind. Insgesamt sollten jedoch nicht mehr als vier Lehrkräfte ein Hospitationsteam bilden. Innerhalb der Teams sollte vertrauensvoll, offen und vertraulich miteinander gearbeitet werden. Für die Zusammensetzung der Teams kann es von Vorteil sein, wenn bereits vorhandene Teams (z. B. Professionelle Lerngemeinschaften) miteinander arbeiten, da bereits ein hohes gegenseitiges Vertrauen vorhanden ist. Andererseits kann es auch sinnvoll sein, wenn Lehrkräfte aus unterschiedlichen Bereichen miteinander arbeiten, da sie von unterschiedlichen Erfahrungen profitieren können. Ungeachtet der Zusammensetzung sollten Hospitationsteams nicht ohne Organisation und Planung arbeiten. In der ersten Sitzung sollten Ziele formuliert und Rahmenbedingungen vereinbart werden. Es ist empfehlenswert sich gerade für die erste Phase ausreichend Zeit zu nehmen. So können von der Initiierung bis zur ersten Durchführung einer kollegialen Hospitation einige Wochen bis Monate vergehen.
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Die Rolle der Schulleitung
Zu den Aufgaben der Schulleitung gehören zwar auch Unterrichtsbesuche bei Lehrkräften, da diese aber einen grundsätzlich anderen Charakter haben als kollegiale Hospitationen, sollte die Schulleitung zunächst kein Mitglied eines Hospitationsteams an der eigenen Schule sein. Dennoch sollte die Schulleitung über Vorhaben an der Schule informiert werden, die zur Schul-, Personal- und Unterrichtsentwicklung beitragen können, so auch über kollegiale Hospitationen. Sie kann sicherstellen, dass notwendige Ressourcen (z. B. Material, Literatur, etc.) zur Verfügung stehen und sollte verantwortlich sein, dass über das Vorhaben in der Gesamtkonferenz informiert wird (siehe Verbreitung im Kollegium) und entsprechende Zeiträume dafür freigehalten werden. So kann z. B. eine geschickte Gestaltung des Stundenplans gegenseitige Unterrichtsbesuche sehr unterstützen.
Auf eine große Pause mit Dorothee Sandkühler-Daniel
PIKAS befragt Dorothee Sandkühler-Daniel, Schulleiterin der Busenberg Grundschule in Dortmund und Mitglied des PIKAS Teams, zu dem Thema "Kollegiale Hospitationen". Das Interview finden Sie im Haus 8.
Ungeachtet ob kleine Teams einer Schule mit der kollegialen Hospitation beginnen oder ob die Schulleitung das Verfahren initiiert, ist die Schulleitung dafür verantwortlich, dass über das Projektvorhaben und im weiteren Verlauf regelmäßig über die Arbeit in Hospitationsteams im Kollegium informiert wird, z. B. auf einer Konferenz. Dies sorgt für Transparenz und kann gegebenenfalls bei weiteren Lehrkräften das Interesse für kollegiale Hospitation wecken. Die Teilnahme sollte freiwillig sein, sodass der persönliche Erfolg und Nutzen im Vordergrund steht.
Tipp: Bauen Sie das Vorhaben allmählich und allmählich auf! Organisieren Sie, wenn möglich, zwei Hospitationen im Halbjahr, sodass die kollegiale Hospitation ihre Ziele und Wirkungen entfalten kann und geben Sie regelmäßige Kurzinformationen über die Arbeit auf Lehrerkonferenzen!
Folgende Präsentation steht Ihnen für die Verbreitung des Vorhabens „Kollegiale Hospitation" in Ihrem Kollegium zur Verfügung. Sie soll dazu dienen, Lehrkräfte dafür zu gewinnen, sich ebenfalls für kollegiale Unterrichtsbesuche zu interessieren und anregen, weitere Teams für die Hospitation einzurichten. Die Präsentation steht Ihnen als PDF- sowie in Form einer PowerPoint-Datei zur Verfügung, um sie ggf. den Bedürfnissen und Bedingungen an ihrer Schule anzupassen.
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