Während sich ein sprachbildender Unterricht an alle Kinder der Lerngruppe richtet und darauf abzielt, dass Lernende über mathematische Inhalte sprechen und diese zugleich durch Sprache durchdringen, fokussiert dieses Modul die Sprachförderung, also die gezielte sprachliche Unterstützung einzelner Lernender. Sprachliche Schwäche ist nicht notwendigerweise auf einen mehrsprachigen Hintergrund zurückzuführen, da auch Lernende mit Deutsch als Erstsprache aufgrund sprachlicher Herausforderungen in der Teilnahme am gemeinsamen Unterricht gehemmt sein können. Die hier fokussierten Kinder können (grob) drei Gruppen zugeordnet werden:
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Mehrsprachige Kinder mit bislang noch wenig Kontakt zur Zweitsprache Deutsch
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Kinder mit bislang noch wenigen oder qualitativ ungünstigen Sprachangeboten (ein- oder mehrsprachig)
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Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf in Förderschwerpunkt Sprache (ein- oder mehrsprachig, mit oder ohne erkennbar mitverursachende Beeinträchtigungen)
Auch wenn die Kinder solch vielfältige sprachliche Bedürfnisse haben und so unterschiedliche Lernvoraussetzungen mitbringen, so ist es das gemeinsame Ziel des Mathematikunterrichts, (auch) diese Kinder bei ihrem Sprachverstehen und ihrer Sprachverwendung zu unterstützen: Von einer unterrichtsintegrierten Förderung profitieren auch diese Kinder bei ihrem Sprachverstehen und ihrer Sprachverwendung. Zu betonen ist aber auch, dass dies allein für eine günstige individuelle sprachliche Entwicklung nicht ausreichend ist und es daher noch weiterer Unterstützung und Anregung jenseits von Unterricht braucht – insbesondere mit Blick auf die oben letztgenannte Gruppe.
Sprachliche Herausforderungen verstehen & erkennen
Im Unterricht kommt es häufig zu Situationen wie dieser:
Kinder mit geringeren sprachlichen Kompetenzen werden durch die Aufgabenstellung und den Impuls der Lehrkraft „Ordne nach dem Gewicht“ vor Herausforderungen gestellt. Diese Herausforderungen können auf verschiedenen Ebenen liegen: So hat das Mädchen im Bild Probleme, die Aufgabenstellung und insbesondere die Präposition „nach“ zu verstehen. Der Junge hingegen hat erkannt, dass zwei Gegenstände miteinander verglichen werden sollen. „kleiner“ passt in Zusammenhang mit dem Verb „wiegt“ aber nicht.
Denkmoment
Überlegen Sie einmal selbst (gerne mit Blick auf Ihre Kinder): Welche Herausforderungen könnten noch auftreten?
Sprachförderung läuft nicht von allein: Damit sowohl Kinder wie das Mädchen beim Sprachverstehen als auch Kinder wie der Junge bei der Sprachverwendung unterstützt werden können, muss sich die Lehrkraft im ersten Schritt mögliche Hürden bewusst machen. Diese können beispielsweise entstehen durch:
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Präpositionen („nach dem Gewicht“, aber auch „nach 30 min“ usw.)
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sprachliche Variationen (Veränderungen bekannter Ausdrücke durch Steigerung, Mehrzahlbildung, Flektion), die nicht wiedererkannt werden
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Mehrdeutigkeiten (Ausdrücke, z. B. Verben mit verschiedenen Bedeutungen)
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Synonyme (Ausdruck gleicher Sachverhalte durch unterschiedliche Verbalisierungen)
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Darauf aufbauend sollte die Lehrkraft überlegen, wie sie ihre Schüler:innen beim Sprachverstehen (also bspw. beim Verstehen von Aussagen oder Aufgaben) unterstützen kann. Dazu sollte sie relevante Ausdrücke wie Operatoren klären und zueinander in Beziehung setzen. Um ebenso auch die Sprachverwendung der Schüler:innen zu unterstützen, sollte die Lehrkraft beispielsweise beim Beschreiben von Entdeckungen (vgl. Selbststudiumsmaterial zum Beschreiben und Begründen) an die Alltagssprache der Kinder anknüpfen und anschließend gezielt Sprachmittel und Fachausdrücke einführen.
Sprachverstehen unterstützen
Auch und gerade mit Blick auf Sprachförderung ist die Darstellungsvernetzung ein zentrales Instrument im Unterricht. Gerade beim (fehlenden oder nur unzureichendem) Vernetzen der unterschiedlichen Darstellungsformen werden Hürden sichtbar. Daher muss genau dort bzgl. Unterstützungsmaßnahmen angesetzt werden.
Beim Verstehen von Aufgabenstellungen spielen dabei insbesondere Operatoren wie „vergleichen“, „ordnen“ usw. eine zentrale Rolle, da sie häufig besonders bedeutungstragend sind und auf zentrale mathematische Tätigkeiten abzielen. Deswegen ist es wichtig, Operatoren konkret zu thematisieren und zu verdeutlichen, was bspw. geleistet werden soll, wenn man zum „ordnen“ aufgefordert wird. Als besonders wichtig stellt sich hier die sprachliche Begleitung von Handlungen durch die Lehrkraft (und im Folgenden auch die Kinder) dar.
Denkmoment
Überlegen Sie einmal selbst: Wie könnte eine handlungsbegleitende Sprache bei der vorliegenden Aufgabe „Ordne nach dem Gewicht.“ aussehen?
Als weiteres Unterstützungselement vor allem zum Erinnern im weiteren Verlauf des Unterrichts kann z. B. die Verbenkartei herangezogen werden, in der zentrale mathematische Tätigkeiten visualisiert werden. Neben vier übersetzten Verbenkarteien (arabisch, bulgarisch, rumänisch, ukrainisch) für die Verwendung steht auch eine einsprachig deutsche Version zur Verfügung, die unabhängig von der Herkunftssprache der Kinder eingesetzt werden kann:
Ein weiteres Material zur Unterstützung des Sprachverstehens stellen Lernwörterplakate dar. Diese sollen die Lernenden dabei unterstützen, einen fachbezogenen Wortschatz aufzubauen. Besonderer Fokus liegt dabei auf dem Kennenlernen wichtiger mathematikbezogener Ausdrücke und Satzphrasen. Diese werden ähnlich zur Verbenkartei visualisiert und können ebenso ergänzend mit Handlungen am Material veranschaulicht werden. Zudem unterstützen Lernwörterplakate auch dabei, Ausdrücke in Beziehung zu setzen, damit diese nicht isoliert voneinander erlernt werden:
Weitere Anregungen zur Unterstützung des Sprachverstehens finden sich unter Fortbildungsmaterial.
Sprachverwendung anregen
Jenseits des Sprachverstehens (bzw. immer im Wechselspiel damit) kann auch die Sprachverwendung eine besondere Herausforderung sein. Dieser begegnen wir, indem wir eine jeweils passende Mathesprache aufbauen. Das passiert natürlich nicht von heute auf morgen durch die einmalige Bereitstellung von Sprachmitteln.
Wie kann dies konkret an unserem Beispiel Gewicht aussehen?
Um einen kognitiven Konflikt hervorzurufen, könnte ein kleiner, aber schwerer und ein großer, aber leichter Gegenstand verglichen werden. An diesem Beispiel kann mithilfe der Materialhandlungen thematisiert werden, dass für das Merkmal Gewicht andere Ausdrücke als „klein“ und „groß“ benötigt werden und die Begriffe „leicht“ und „schwer“ sowie die Vergleichsausdrücke „leichter“ und „schwerer“ eingeführt werden.
Bei der Anregung zur Sprachverwendung sollte an die bestehende Alltagssprache der Kinder angeknüpft werden, um ihre sprachlichen Kompetenzen weiterzuentwickeln. Allgemein gilt in Bezug auf Sprachmittel, dass Kinder immer wieder zur Verwendung aufgefordert werden sollten – in Bezug auf Neues sowie Bekanntes. Der Einsatz von Sprachmitteln muss also vor allem in Anwendungssituationen unterstützt werden.
Anregungen zur Unterstützung der Sprachverwendung finden sich unter Fortbildungsmaterial.
Verweise auf weitere Informationen und Materialien zum Thema
Ergänzendes Material auf PIKAS
Unterrichtsmaterial
Anregungen für sprachfördernde Unterrichtsaktivitäten und weitere Unterstützungsmaßnahmen finden Sie unter Unterricht.