Kinder denken anders
Kinder denken und rechnen anders
Es ist wichtig, sich in die Denkwege von Kindern hineinzuversetzen, zu überlegen, wie sie selbst rechnen, um so das „Können" der Kinder mehr in den Blick zu nehmen und das eigene (manchmal recht belehrende) Verhalten gegenüber Kindern kritisch zu hinterfragen. Denn, so ungewöhnlich die Denkwege von Kindern manchmal auch sein mögen – es lohnt sich, verstehen zu wollen, was in den Köpfen der Kinder vorgeht sowie die richtigen Überlegungen hinter vermeintlichen Fehlern aufzuspüren, statt ihnen das eigene Vorgehen einzutrichtern.
Dies wird auf dem Poster zum Projekt "KIRA - Kinder rechnen anders" veranschaulicht , in dem anhand von teilweise sehr erheiternden und beeindruckenden, aber auch typischen Beispielen vier wesentliche Leitideen illustriert werden, die man sich als Erwachsener etwa im Unterricht, bei der Hausaufgabenbetreuung oder auch einfach im Umgang mit den eigenen Kindern immer wieder vor Augen führen sollte:
- Kinder sind kreativ
- Kinder gehen eigene Wege
- Vorsagen nützt nichts
- Fehler sind normal
Auch der KIRA-Film illustriert anhand von Szenen aus dem Alltag, aus dem Unterricht und aus Interviews mit Kindern und Erwachsenen, dass Kinder auf unterschiedliche Art und Weise anders rechnen. Im einzelnen wird dargestellt, dass Kinder anders rechnen
- als Erwachsene es vermuten,
- als andere Kinder,
- als sie selbst noch vor wenigen Augenblicken und
- anders als Erwachsene es möchten.
Außerdem wird anschaulich aufgezeigt, welche Konsequenzen sich daraus für den Unterricht ergeben.
In diesem Kontext ist es wichtig, sich der grundsätzlichen Positionen der Kompetenz- und der Defizitorientierung klar zu werden. Der folgende Text zeigt anhand von Beispielen auf, dass die kompetenzorientierte Sichtweise auf das Denken und Lernen der Kinder den Blick dafür schärft, dass Kinder häufig und auf vielfältige Art und Weise anders denken. Exemplarisch werden auch Konsequenzen für den Unterricht beschrieben.
Dass Kinder auf unterschiedliche Weise anders denken sollte dabei aus der kompetenzorientierten Perspektive nicht als Defizit, sondern als Differenz verstanden. Das heißt, dass die Sichtweise des Kindes als eine erfindungsreiche und aus seiner Sicht sinnvolle Deutung der Dinge gesehen wird, die häufig eine andere ist, als diejenige der Erwachsenen, die aber prinzipiell zunächst einmal die vernünftigen „Versuche" des Kindes widerspiegelt, Anforderungen zu bewältigen. Dies verdeutlicht der folgende Text.
Jede Aufgabe hat eine Lösung
Zu Beginn der 80er-Jahre wurde französischen Kindern die Aufgabe gestellt: „Auf einem Schiff sind 26 Schafe und 10 Ziegen. Wie alt ist der Kapitän?" Nahezu 80% der Zweit- und Drittklässler haben die im Text genannten Zahlenwerte miteinander kombiniert und sind auf diesem Wege in der Regel zu dem Ergebnis gekommen, der Kapitän müsse 36 Jahre alt sein. Aber schalten die Kinder wirklich ihren Verstand mit Beginn der Mathematikstunde aus? Der Text gibt eine Antwort auf diese Frage und wirbt dafür, sich zu fragen, warum Schülerinnen und Schüler Schafe und Ziegen zusammen zählen, um das Alter des Kapitäns zu ermitteln.
Mit Fehlern muss gerechnet werden
Gerade in Mathematik ist die Auffassung weit verbreitet, dass Fehler etwas Bedrohliches, Störendes und daher möglichst zu Verhinderndes bzw. bei Auftreten umgehend zu Beseitigendes seien. In diesem Papier wird hingegen auch oder gerade für Mathematik eine andere Sichtweise gefordert: Fehler sind natürliche Bestandteile eines jeden Lernprozesses. Mit Fehlern muss gerechnet werden!